Dienstag, 29. Juni 2010
Mittwoch, 31. März 2010
Eine kleine Engelsgeschichte
Eines muss ich vorausschicken: Ich bin nicht religiös und mit der Kirche habe ich nichts am Hut - abgesehen von den Kirchensteuern. Die Bibel kenne ich vor allem aus Hotelzimmern. Der Religionsunterricht ist Jahrzehnte her, aber ich erinnere mich noch genau, dass ich Engel immer die coolsten aller Bibelhelden fand… sogar noch cooler als Moses oder Jesus.
Weshalb? – Engel sind hilfsbereit und stark. Sie stehen den Menschen in Zeiten besonderer Not bei und als Wächter mit dem Flammenschwert vor dem Eingang zum Paradies. Als ewige Wesen sind sie schöner als alles, was wir uns vorstellen können. Selbstverständlich sind sie den Menschen weit überlegen und nicht an die Schranken und Bedingungen der menschlichen Sinneswelt gebunden. Und wenn die letzte Schlacht zwischen Gut und Böse gekommen ist, werden die Engel an vorderster Front kämpfen.
Als ich älter wurde, wurde mein Bild von Engeln menschlicher. Sollte es Engel wirklich geben, so wären auch sie in ihrem Job manchmal lustlos oder unkonzentriert. Ich stelle mir vor, dass mein Schutzengel in einer Bar säuft, während ich beim Bungee-Jumping mein Leben riskiere. Wahrscheinlich schläft er auch lieber aus, während ich mich frühmorgens durch den Grossstadtverkehr kämpfe. Mein Engel spielt E-Gitarre statt Harfe. Er fliegt nicht einsam durch die Lüfte, sondern stets mit einem flotten blonden Engel an seiner Seite.
Viel hat sich geändert, seit ich Dreizehn war, aber Engel finde ich immer noch cool.
Montag, 25. Mai 2009
Bierreise '09
oder: Wenn einer eine Reise tut, ist er selten allein!
Entgegen der langläufigen Meinung deckt die Bierreise im Wesentlichen zwei Grundbedürfnisse ab: Bier und Kultur. Selbstredend liegen die Interessen der Teilnehmer Gagel, Litz, Mäxäm, Schwepo, Sokka und Suzy nicht gleichermassen auf Bier und Kultur verteilt. Nach eingehenden Vorabklärungen und Rücksprache mit Rasurex fiel die Wahl auf Tübingen im nahen Schwabenland. Der Startschuss fiel um 19.10 Uhr, Freitagabend. Mit dem Nötigsten ausgerüstet (also Bier, Jasskarten und Touristenmaterial) dauerte die Fahrt von Zürich nach Tübingen eine gefühlte Stunde. Allerdings zehrte die Anfahrt so an den Kraftreserven, dass ein Besuch im Burger King am Zielort eine gute Verpflegungsmöglichkeit schien. Die Nachwehen bekamen wir erst später zu spüren. Dies sollte der letzte kulinarische Schandfleck unserer Reise bleiben. Nach einem kurzen Aufenthalt in der Unterkunft, hoch oben auf einem Berg über der Stadt, machte sich der KSC-Trupp auf, die Ausgangskultur der Studentenstadt zu erkunden. Die Destination mit dem klangvollen Namen „Bierkeller“ stand als erstes an.
Lange mochte uns die Studentenkneipe jedoch nicht zu begeistern. Schon nach einem Drink gings weiter. Planlos wie eine Flipperkugel stolperten wir voran und landeten schliesslich im „Bierhimmel“ (nein, das ist nicht der Name des Lokals, aber er passt). Krüge und Zapfsäulen (2 Liter) voll mit Bier waren die göttlichen Gaben, die uns die holde Serviertochter darreichte. Und wir tranken, als gäbs kein Morgen. Ausserdem vertrieben wir uns mit Mäxla die Zeit. Wie in der freien Wildbahn wurde der schwächste Würfler sogleich zur Zielscheibe hinterhältiger Angriffe des alten Fuchses Sokka. Wenn wir daran denken, wie behände dieser Trixer die Würfel verdrehte/zinkte, wird uns jetzt noch ganz schwindlig. Das Bier verfehlte seine Wirkung nicht. Das Würfeln kam uns bald so schwierig vor wie das Lösen eines Kubrik-Würfels. Was jedoch noch hervorragend funktionierte (naja, bei den meisten wenigstens) war das Singen und so jagte ein Rundgesang den nächsten wie in guten alten KSC-Zeiten. Als auch das nicht mehr ging, musste ein Lokalwechsel her. Und was bot sich da besser an als der altbekannte Bierkeller. „Der war doch gut oder?“ – Egaaaaaal.
Auch beim zweiten Besuch musste ziemlich schnell konstatiert werden, dass sich der vorgefundene Genpool über die verstrichenen zwei, drei Stunden kaum in eine positive Richtung verändert hat. Ganz nach dem Motto „unter den Blinden ist die Einäugige die Königin“ liess sich mit viel Wohlwollen und einigen weiteren Flaschen Bier unter den doch ziemlich jungen und alternativ gekleideten Frauen (oder eher Mädchen) dann doch noch die eine oder andere Schönheit ausmachen. Mit zunehmender Müdigkeit liess das Wohlwollen sukzessive nach, was dazu führte, dass sich die Truppe der „Tapferen 6“ schliesslich entschloss, den Heimweg ins Hotel anzutreten. Nach kleineren Fluch-Tiraden über die Lage des Hotels auf gefühlten 4000 m.ü.M. und dem damit verbundenen mörderischen Aufstieg, fielen alle Bierreisenden müde in ihre 60 Euro/Nacht-Betten. Das ist ein sinnlos eingeschobener Satz, der nur geschrieben wurde um zu überprüfen, ob der Lektor diesen Bericht auch aufmerksam liest (Gruppeninput vom SA-Abend). Der nächste Tag startete für die sechs „Möchtegern-Billag-Abschaffer“ unterschiedlich. Die einen entschieden sich für ein paar Extrastunden Schönheitsschlaf, während die anderen es vorzogen – trotz Dauerregen und ungemütlichen Temperaturen – an einer Stadtführung teilzunehmen.
Mit ausreichend Schlaf entschieden sich auch Suzy, Schwepo und Litz zum Besuch der Altstadt von Tübingen. Aufgrund der garstigen Wetterverhältnisse wurde schnellstmöglich ein Boxenstopp in einem typisch schwäbischen Restaurant eingelegt. Gestärkt mit Maultaschen, Schnitzel und Spätzle machte man sich auf, die Schönheiten der Altstadt zu entdecken. Nach wenigen Metern stiess man auf die Stadtführungsgruppe der restlichen KSCler, welche ohne Schirme durch den Regen stapften – 1:0 für die Schönheitsschläfer. Der Fortgang des Nachmittags bildete eine gelungene Melange aus Stadtbesichtigung, Bier- und Kaffeekonsum, bevor die KSCler sich wieder vereinigten, um gemeinsam das Abendessen einzunehmen. Poldi, ein Tübinger Stadtoriginal, bewirtete uns hervorragend und ganz ohne die deutsche „Zackigkeit“. Nur der seltsam zuckrige lokale Rotwein vermochte nicht zu überzeugen und belegte, dass unsere nördlichen Nachbarn sich weit besser auf die Kunst des Bierbrauens verstehen, denn auf die Vinifikation. Zum Glück waren wir auf einer Bierreise und nicht auf einer Weinreise. Nomen est omen – der Genuss von Bier zeichnete sich als eine der Konstanten unserer Bierreise ab, ebenso die deftige schwäbische Kost. Nach dem Besuch einer szenigen Cocktailbar war dann jedermann soweit und es ging per Taxi zu einer etwas ausserhalb von Tübingen gelegenen Grossraumdisco. Würde sich der Schönheitsschlaf auszahlen oder doch das kulturell-geschichtliche Zusatzwissen bei den Damen der Schöpfung punkten?
Wie auch immer, der ausserordentlich sympathische Wirt von vorhin hatte uns stundenlanges Warten vor der Disco prophezeit, auf welches wir uns denn auch eingestellt hatten. Unerwarteterweise war dann keine Schlange vorhanden, lediglich vier oder fünf regenwaldtaugliche Türsteher, wie man sie aus gut recherchierten Reportagen eines Qualitätssenders wie etwa RTL2 kennt, säumten unseren Weg in den Tanztempel. Nach absolut unvoreingenommener Begutachtung beider Seiten, die Gorillas uns holden Geschöpfe und umgekehrt, war der Weg frei. Kaum die Getränkeschuldenkarte (jawohl, bargeldloser Konsum!) in Empfang genommen, wurden die Tanzflächen geentert. Im Gegensatz zum Abend zuvor, war in dieser Gesellschaft ein gut gebügeltes Hemd passender und sei es nur um sich dezent von dem der Schweizer-Grossstadt-Agglomerationsjugend ähnelnden männlichen Publikum abzuheben. Unwenig später gelang uns ein Geniestreich, hervorgegangen aus interdisziplinärer akademischer Zusammenarbeit: Wenn die Getränkekarte bei Verlust 50 Euro kostet, dann benutzen wir doch nur eine Karte, kaufen uns hemmungslos Getränke mit dieser und entsorgen sie dann am Ende des Abends an einem geeigneten Ort. So tollkühn unser Plan auch gewesen war, bei - wie überraschend - 50 Euro wurde die Karte gesperrt. Dieser Umstand machte unseren brillanten Plan leider zunichte. Um auf die vorhin aufgeworfene Frage zurückzukommen: Punkten bei den Damen ist die falsche Beschreibung für unsere Tätigkeit, eher war es ein gezieltes Hüpfen von Fettnäpfchen zu Fettnäpfchen sowohl der Ausgeschlafenen wie auch der kulturell-geschichtlich Zusatzwissenden. Bei derartigen Misserfolgen war ein Getränk im Anschluss Pflicht, was den Teufelskreis leider auch nicht zu brechen, sondern erst zu schliessen vermochte. Ehe man sich versah waren wir in den frühen Morgenstunden angelangt und der KSC-Trupp sass im Taxi zurück in seine ausserordentlich preiswerte Unterkunft. Um ein paar Euros zu sparen reichte nicht ein einzelnes Taxi, nein, ein verwirrter Mitreisender unserer Kaffeefahrt nahm eines für sich alleine, da die anderen Teilnehmer zu diesem Zeitpunkt unauffindbar waren! Im Hotel angekommen, frönte jeder seinen individuellen, katervermeidenden Ritualen, bevor man sich dem Kopfkissen hingab. Drehend verabschiedete sich der Tag von uns.
Am Sonntagmorgen trafen wir uns in der Hotellobby, um ausgeruht den letzten Tag in Tübingen und die Heimreise in Angriff zu nehmen. Ein wunderbarer Frühlingstag erwartete uns und die deutsche Gastfreundschaft führte zu einem penetranten Kaffee-Ausschenken-Wollen. Nach einer Diskussion über die Zahlungsmodalitäten, konnten wir der Hotelbaronin unsere Zahlart aufdrängen und bezahlten pro Zimmer. Ejejej, das gab aber viele Zahlungsbestätigungen! Als der Fürsprecher unter den Indianern erkannte, welcher Bürokratie sich die Dame zu stellen hatte, wurde ein Verzicht auf die Quittungen vorgeschlagen, natürlich nicht ohne den Hinweis auf die möglichen Steuervorteile. Innerlich wurden wir gelyncht. Ob es dieser strenge Blick war, der Mäxäm bereits am Mittag zurück in die Heimat trieb? Der Rest der Truppe stärkte sich im Biergarten mit einem gediegenen Zmittag. Für einen Verdauungsspaziergang schlenderten wir der Sonne nach durch die Gassen Tübingens bis ans Ufer des Neckars und wärmten teilweise den verregneten Stadtrundgang auf. In der Deutschen Bahn klopften wir einen ruhigen Jass und trafen bald schon in Zürich ein. Die Bierreise 2009 zieht folgendes Fazit: Teilautos bringen Parkplätze; Hartz IV bringt Putzfrauen in den Service; es ist nicht alles Gold was gelb glänzt; Velofahrer sind die besten Steuerzahler; die Würfel fallen spätestens beim Mäxla (meistens); für Alte, Graue und Amis beträgt das Discobudget 50 Euro inklusive Eintritt; Frauen sind nur im Fünferpack zu erwerben. Oder wie es ein Goethe der Neuzeit kotzen könnte: „Sie scherten sich einen Dreck um ‚political correctness’, sie waren zynisch, sie waren böse – sie waren klasse. Was Zynismus betraf, wirkten sie wie Harald Schmidt auf Speed. Sie waren schneller, härter, böser“. Alles in allem ein toller Ausflug ohne Schnick-Schnack.
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