Ich bin mittlerweile in Khartoum, Sudan angekommen und gruesse euch deshalb auf Arabisch. Hier ist alles ein wenig anders, eben arabisch. Alle Programme und Internetseiten sind auf arabisch. Ich rate mich also vor- und rueckwaerts durch die Menus. Wenn ich eine Internetadresse eingebe, erscheint der Text von rechts nach links wie im Arabischen. Es hat mich ca 1 Stunde gekostet, um dieses Internetcafe zu finden. Denn alles ist hier auf Arabisch angeschrieben und offenbar spricht niemand Englisch. Der Raum, in dem ich sitze, ist in einer Art Abbruchbude mit extrem niedriger Decke. Der Eingang war richtig versteckt und ich musste durch einige lange, stinkende Gaenge gehen, bis ich endlich hier gelandet bin. Alle Computer sind von jungen Arabern besetzt. Einige von ihnen schauen sich westliche Filme an. Ich frage mich, ob die Sudanesische Regierung diesen Laden genehmigen wuerde.
Lange ist es her, dass ich einen Blog veroeffentlicht habe. Das hat seinen Grund. Ein regierungskritischer Blog auf Blogger resp. Blogspot fuehrte dazu, dass die Seite in Aethiopien geblockt wird. Ich hatte also keinen Zugang zu meinem Blog, so lange ich in Aethiopien war. Positive ueberrascht bin ich nun, dass diese Seite im Sudan funktioniert.
Was ist geschehen seit Dar es Salam, Tanzania?
Abreise aus Tanzania - Bush kam und ich ging.
An dem Tag, an dem Bush in Dar es Salam landete, habe ich das Flugzeug nach Addis Ababa bestiegen. Ich habe mich in Dar es Salam nie richtig wohl gefuehlt. Das Wetter war extrem schwuehl und heiss, das Leben relativ teuer. Es gab nicht wirklich interessante Sehenswuerdigkeiten und ich wusste sehr bald nicht mehr, was ich tun soll. Zanzibar hat sich aus den frueher genannten Gruenden irgendwie nicht richtig angefuehlt. Mein Lieblingsstrand in Nungwi Beach wird zudem gerade von einer Baulawine erfasst. Jetzt bauen sie dort 3-stoeckige Hotels, wo vor drei Jahren nur einfache Huetten und Bungalows standen. Wieso passiert das immer dort, wo es besonders schoen ist? Danach ist es naemlich nie mehr das Gleiche. Aber das Geld lockt halt ueberall. Hinzu kam, dass ich keine wirklich coolen Leute kennen gelernt hatte, sonst haette vielleicht alles ganz anders ausgesehen. Als ich dann noch erfahren habe, dass Bush in die Stadt kommt, hielt mich nichts mehr. Ueberall hingen riesige Plakate 'Your excellency George W. Bush - Welcome in Tanzania' oder 'Welcome home George W. Bush' oder 'Thanks for your support with HIV/Aids'. Schwer zu glauben, dass Bush bei der stark muslimisch gepraegten Bevoelkerung wirklich beliebt ist. So habe ich praktisch zur gleichen Zeit Tanzania verlassen wie George angekommen ist. Auf dem Weg an den Flughafen war es fast so, als staenden die vielen Leute fuer mich am Strassenrand.
Ankunft in Addis Ababa
Nach drei Stunden Flug kam ich in Addis an. Der Flughafen war ueberraschend modern und sauber. Allerdings war es hier deutlich kaelter als in Tanzania. Das hat damit zu tun, dass Addis auf 2300 Metern u.M. liegt und damit die dritthoechste Hauptstadt der Welt ist. Die meistgesprochene Sprache ist Amharic und ist (so vermute ich) mit dem Arabischen verwannt. Die Zeichen kamen mir auf jeden Fall arabisch vor. Viele Leute sprachen kein Wort Englisch, was das Reisen schwierig machte. Aethiopien ist eines der letzten Laender, die immer noch den Julianischen Kalender haben. Das hat zur Folge, dass die Aethiopier erst das Jahr 2000 schreiben. Das Jahr hat 12 Monate a (finde den bloeden Accent nicht) 30 Tage und einen 13. Monat mit 5 oder 6 Tagen. Auch die Uhrzeit wird anders angezeigt. Ein Tag besteht aus 12 Stunden, somit ist die lokale Uhrzeit unserer Uhrzeit immer 6 Stunden voraus. Der Tag beginnt, wenn die Sonne aufgeht - um 6 Uhr - und endet, wenn die Sonne untergeht - um 18.00 Uhr. Bloed, wenn man das nicht rafft und vergebens an der Bushaltestelle wartet – der Bus ist dann wahrscheinlich schon vor 6 Stunden abgefahren. Die Waehrung heisst Birr (ca. 9 Birr = 1 USD). Nach meiner Ankunft dachte ich zuerst 'Seltsam, der Taxifahrer will also tatsaechlich, dass ich in ‘beer’ bezahle!'. Addis Ababa ist eine Metropole ohne klare Struktur und scheinbar ohne Grenzen (260 q/km). Zudem verfuegt sie ueber ein noch nie gesehenes, dichtes Netz an Strassen und Gassen, die auf keiner Karte eingezeichnet werden koennen. Die Strassen sind staubig, laut und chaotisch. Die Luft hat eine wirklich erbaermliche Qualitaet, was aber niemanden ausser mir zu kuemmern schien. Die Orientierung war schwierig und ohne Taxis ging gar nichts. Es gab zwar Minibusse, aber es dauerte eine Weile, bis man den richtigen Bus gefunden hatte (da eben niemand Englisch versteht). Meistens kannten die Locals nicht einmal den englischen Namen ihrer wichtigsten Sehenswuerdigkeiten. Abgesehen von der staendigen Belaestigung durch Bettler, fuehlte ich mich ziemlich wohl in Addis. Die Aethiopier sind friedliche und lebensfrohe Menschen, obwohl das Leben hier alles andere als einfach ist. Mit 500 Birr (rund 55 Dollar) pro Monat muessen sich Menschen hier durchschlagen. Fuer Touristen ist das Leben allerdings ziemlich guenstig – 6 Birr fuer ein Bier, 4 Birr fuer einen Kaffe mit Kuchen, 1,5 Birr fuer Macchiato. Den Faranjes (Auslaendern) knuepft man immer etwas mehr ab. Zum Teil ist der Zuschlag laecherlich hoch, so dass man immer und ueberall verhandeln muss. Gewisse Restaurants fuehrten auf der Speisekarte offiziell zwei verschiedene Preise fuer Essen und Trinken - fuer Locals einen Preis und fuer Faranjes einen deutich hoeheren. Es hatte fast keine Touristen in Addis (auf jeden Fall habe ich keine gesehen), so dass man als Weisser permanent angestarrt wurde. Daran hatte ich mich aber relativ schnell gewoehnt. Daran, dass man staendig irgendwie uebers Ohr gehauen wird dagegen weniger. Wenn ich dann mal zurueck starrte, laechelten die Aethipier nur schuechtern und gingen weiter.
Wenn ich irgendwo lief, ging es meist nicht lange, bis mir ein unfreiwilliger Guide folgte und sich nicht mehr abschuetteln liess. In drei Tagen hatte ich drei verschiedene dieser selbst-ernannten Fremdenfuehrer. Sie waren immer ganz nett und zeigten mir Orte, die ich alleine kaum gefunden haette. Nur einer hat nach Geld gefragt (fuer Haemoroiden-Tabletten), die anderen waren entweder zu scheu oder wollten ihr Englisch ueben. Die Aethiopier sind extrem religioese Menschen. Spontane Gebete (mit Verneigung und zehnfacher Bekreuzigung) auf der Strasse waren keine Seltenheit. In der Oeffentlichkeit darf nicht gekuesst werden und im Hotel werden nicht zwei Gaeste des gleichen Geschlechts in einem Raum geduldet. Ich besuchte sogar einen Gottesdienst. Danach verstand ich etwas besser, warum die Kirchen hier so voll sind. Der Gottesdienst ist ein einziges Fest mit Tanz und fetziger Musik. Alle wippen irgendwie und singen mit. Frauen schienen selbstbewusster als anderswo und gleich berechtigt. Das hat auch Schattenseiten. So habe ich mehr Frauen als Maenner gesehen, die auf Baustellen schwere Steine schleppten. In den unzaehligen Cafes sieht man dafuer praktisch nur Maenner. Ich habe nie junge Aethiopier flirten sehen und die Maenner konnten an den attraktivsten Frauen vorbei laufen (und davon gibts hier genug), ohne mit dem Wimper zu zucken. Ausserdem sorgen die Aethipier gut fuer ihre Bettler, von denen es jede Menge gibt (Kinder, Verkrueppelte, Blinde, Alte). Immer wieder beobachtete ich, wie Einheimische den Bettlern Geld zusteckten. Als ich Addis mitten in der Nacht verliess, sah ich in den Strassen Hunderte von Bettlern. In manchen Strassen schliefen sie im Abstand von 2 Metern auf dem Trottoir, so viele gab es.
Das Sightseeing habe ich nicht uebertrieben – bin ja kein grosser Fan von Museen. Aber ich bin stundenlang durch die Stadt spaziert und habe mich zwischendurch im Park des luxurioesen Ghion Hotesl ausgeruht. Der Loewenpark - sehr beliebt bei aethiopischen Familien - war ein besonders negatives Erlebnis. Der Loewe ist ja so etwas wie das Wappentier von Aethipien. Umso mehr war ich schockiert, dass die Loewen nur zur Belustigung der Besucher dienen. Die stolzen Tiere sind in klaeglichen Betonloechern eingesperrt. Damit sie auch schoen fauchen, wenn die Besucher fuer Fotos vor den Kaefigen posieren, wird mit Steinen nach ihnen geworfen und sie werden mit allen Mitteln provoziert. Ich wollte nur noch weg.
Das Visum fuer Sudan hat mich lange aufgehalten. Am ersten Tag wollte man mich nicht rein lassen, obwohl ich mich an die Oeffnungszeiten gehalten hatte. Ein Touristenvisum kann Wochen dauern, ohne Garantie, dass man es ueberhaupt erhaellt. Reisende werden ohne Grund abgelehnt (manche Nationalitaeten haeufiger als andere). Deshalb entschied ich mich fuer ein Transit-Visa (gueltig 2 Wochen) zum Preis von 61 US Dollars. Dafuer musste ich allerdings zuerst das Visum fuer Aegypten besorgen. Alles nicht so einfach, da die Oeffnungszeiten immer sehr kurz sind, die Botschaften weit auseinander liegen und mit langen Wartezeiten gerechnet werden muss. Nach langem hin und her habe ich es dann am Donnerstag 21. Februar endlich erhalten, so dass ich am Freitag den Minibus Richtung Bahir Dar nehmen konnte. Nach fast einer Woche in husthust... Addis!
Bahir Dar
Ca. 10 Stunden dauerte die Reise durch atemberaubende Landschaften, imposante Gebirge und ueber staubige Wuestenpisten. Alle der 16 Fahrgaeste ausser mir waren Aethiopier und hatten ihren Spass mit mir, als ich an einem extrem trockenen Wuestenkuchen fast erstickt waere. Bahir Dar liegt am Lake Tana und in der Naehe der Blue Nile Waterfalls und der Nilquelle. Ich habe die meiste Zeit mit drei Paerchen - Schweiz, Australien, England - verbracht, die mit ihren Overland Trucks quer durch Afrika reisen. Zusammen habe wir einige der Kloster auf den Inseln des Lake Tana besucht, die Nilquelle und natuerlich auch die Wasserfaelle. Die einst gewaltigen Faelle sind durch Wasserkraftwerke erheblich geschrumpft. Der Weg zu den Faellen war eigentlich das bessere Erlebnis - inmitten von Dorfvolk, umgeben von Ziegen, Kuehen, Eseln und eifrigen Kindern, stapften wir den schmalen Pfad hinauf. Von Bahir Dar ging es weiter Richtung Norden - nach Gondar.
Gondar - Khartoum
Das australischen Paerchen Paul und Jacenda nahmen mich mit ihrem Land Rover mit nach Gondar. Nicht nur deshalb mochte ich sie extrem gut. Wir sollten noch eine Menge Spass zusammen haben. Nach drei Stunden kamen wir in diesem beschaulichen Staedtchen an, das fuer seine stolze Festungsanlage aus dem 16./17. Jahrhundert beruehmt ist. Die Schweizer und Englaender zogen weiter in die Simien Mountains am naechsten Tag. Ich blieb mit den Australiern zurueck, da ihre kaputten Stossdaempfer den Trip nicht mitgemacht haetten. Wir mussten bis Donnerstag 28. Februar warten mit der Weiterreise, weil die Australier ihr Transit Visum (2 Wochen) voll ausschoepfen wollten. Die Faehre nach Aegypten faehrt naemlich nur am Mittwoch. Wir besichtigten die Burgen und Kirchen, meistens chillten wir aber einfach in einem der gemuetlichen Cafes. Und dann besichtigten wir noch die lokale Dashen Brauerei. Die Leute und das Klima waren in Gondar angenehm und die Pizza war ueberdurchschnittlich gut. Ueberhaupt bekommt man in Aethiopien in vielen Restaurants Pizza und Pasta, was der italienischen Kolonialvergangenheit zu verdanken ist. Die Strasse an die Grenze سسسانتاتناىةى.. oops jetzt habe ich versehentlich auf Arabisch gewechselt - ist in erbaermlichem Zustand - waehrend Stunden umgab uns Staub wie ein dichter Nebel. Paul und Jacenda nahmen mich bis ueber die Grenze mit, wo wir eine Nacht im Busch uebernachteten. Am naechsten Tag bewaeltigten wir noch das letzte Stueck nach Khartoum, wo wir nun im Blue Nile Sailing Club campen.
Ich habe ein kleines Zelt direkt mit Blick auf den Nil. Ab und zu wuenscht man sich zwar ein kaltes Bier herbei, aber im Grossen und Ganzen kann ich mich wirklich nicht beklagen. Heute mussten wir uns noch bei der Security Police registriegen, was nochmal gut 40 Dollar gekostet hat. Khartoum ist eine verhaeltnismaessig moderne Stadt mit guten Strassen. Die Leute sind eigentlich ganz freundlich, im Gegensatz zu den Aethiopiern aber eher uninteressiert. Am Montag werde ich den Zug nach Wadi Halfa nehmen - Dauer ca. 35 Stunden. Von Wadi Halfa werde ich am Mittwochabend die Faehre nach Aswan (Aegypten) besteigen. Die Fahrt ueber den Lake Nasser dauert rund 16 Stunden und soll sehr eindruecklich sein. In Aegypten angekommen, werde ich wohl mehr oder weniger direkt nach Kairo weiter reisen. Ein Zwischenstopp in Luxor, waere ev. lohnenswert. Eigentlich wollte ich von Kairo nach Israel einreisen, denn von Haifa gibt es eine Cargo Faehre nach Italien. Aber wahrscheinlich ist der Aufwand zu gross, so dass ich einen Flug nach Hause je laenger je mehr in Erwaegung ziehe.
Meine Freunde, unser Wiedersehen steht unmittelbar bevor. Ich naehere mich der Schweiz in grossen Schritten. Ich freue mich...
Ps. Der Araber neben mir schaut gerade Pornobildlis an. Aha, Mann ist halt Mann!
Liabi Grueass
Muhammad Al
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