Auf die spontane Anfrage von Andy, ob ich nächste Woche Zeit hätte, konnte ich bei meinem Chef die dringend benötigten Ferien durchsetzen.
Andy schlug vor, dass wir mit dem Velo ab Basel das Elass durchradeln und halten, wo immer es uns gefällt. Gesagt Getan. Den Zug ab Zürich verpassten wir leider, da ich mit dem Billetautomaten geringfügig überfordert war. Haha, das ist nämlich überhaupt nicht lustig. Oder weiss jemand von euch, wo das Billet für Velos im Automaten zu finden ist? Und warum es normale und ermässigte Billete für Velos gibt? Wir erreichten dann doch noch Basel und traten sogleich in die Pedalen (Zeit: 12.00). Es ging zügig voran, auch wenn der A.... oder was auch immer noch da unten in Frage kommt, bald einmal zwickte. Es ging durch endlose Maisfelder und kleine frische Wäldchen. Der Platz in der Sonne war dagegen infernal. Erst gegen 19.00 Uhr, nach 80-90 km kamen wir in Thann an. Der Ort liegt am Fusse der Vogesen und gilt als Startort für die Route des Vins. Gleich nach der Ankunft schien uns ein Abstecher in das örtliche Schwimmbad eine grandiose Idee. Da wusste wir aber noch nicht, dass man von uns verlangen würde, erniedrigend winzige Speedo Badehosen zu tragen. Solche Dinger sind sogar auf Mykonos verboten!
Standesgemäss nahmen wir im altehrwürdigen Hotel du Parc Logis. Zuvor hatten wir den Rezeptionisten noch von EURO 129 auf EURO 79 herunter gehandelt.
Am nächsten Morgen wurde spät aufgestanden. Nach einem kurzen Rundgang durch den Ort machten wir uns pünktlich zur grössten Hitze des Tages auf den Weg. Der folgende Streckenabschnitt war traumhaft schön. Über die sanften Rebenhügel, vorbei an Burgen und Schlössern, durch mittelalterliche schmucke Dörfchen pedalten wir fast wie im Traum.
Das Gewitter war uns auf der Versen, holte uns aber nicht ein. Um 18.00 Uhr erreichten wir Requewir, das als eines der schönsten Dörfer Frankreichs ausgezeichnet wurde. Das ist nicht übertrieben. Man fühlt sich wirklich wie in einer anderen Welt, wenn da nicht das Disney-Tschutschubähnli wäre. Ich sah zudem überall Obelix Doubles, was den surreale Effekt dieses Ortes noch verstärkte.
Am nächsten Tag jagte ein Highlight das nächste. Dabei musste ich unweigerlich an Carola denken. Ich musste nämlich immer wieder sagen "Pour moi une Carola", denn das lokale Mineralwasser heisst so. Ribeauvillé, Bergheim, Itterswiller sind Namen, die uns in Begeisterung versetzten.Die nächste Nacht verbrachten wir im touristischen Obernai. Endlich assen wir echte Elsässer Küche und tranken fantastischen einheimischen Wein. Der Pinot Noir hatte uns davor eher enttäuscht. Der Klever de Heiligenstein war dann aber ein ganz vorzüglicher Tropfen. Zum Essen köchelten ein paar Schnecken in ihren kleinen Töpfchen vor mir. So übel sind die Dinger gar nicht. Das gilt mindestens solange, bis man versucht zu erahnen, wo die Fühler des Tierchens wohl waren. Zum Hauptgang hatte ich Spätzle mit Munster Käse. Bei Andy gabs eine ganz besondere Spezialiät - den Sauerkrauthaufen, der von einer unbekannte Quelle wie folgt beschrieben wird:
"Oft genug erweist sich aber der Druck des Massentourismus als stärker, und da gerät die berühmte Elsässer choucroute gamie zum ebenso lieblos eingelegten wie gekochten Sauerkrauthaufen, auf den dann nach dem Motto "Quantität vor Qualität" einige Dosenwürstchen, ein Lappen fabrikmäßig geräucherter Speck und etliche weniger appetitliche Teile vom Schwein geschichtet werden."
... tja, viel besser könnte ich das auch nicht beschreiben. Das sollte uns die Stimmung aber nicht vermiesen, schliesslich gab es den Umstand zu feiern, dass wir die mit Abstand jüngsten Menschen im Ort waren. Das lag wohl am grossen Folklore Abend, der auf dem Hauptplatz vor dem Dom statt fand.
Auf dem letzten Abschnitt legten wir noch den kurzen Rest bis nach Strasbourg zurück. Die Stadt gefiel uns auf Anhieb. Angenehme Grösse, Kanalcharakter und schöne Gebäude sind einige Gründe. Der Bahnhof sieht zudem aus wie ein gelandetes Ufo. Der Dom ist mit 142m Höhe eindrücklich und war bis ins 18. Jh. das höchste Gebäude des Abendlandes - was ihn wohl zur höchsten katholischen Kirche macht.
Noch zwei Dinge sind mir am Elsass aufgefallen: Erstens, man spricht Deutsch und Französisch, aber nach unverständichen Regeln. Nie weiss man, ob man jemand besser auf Deutsch oder auf Französisch anspricht oder warum jemand die eine anstelle der anderen Sprache spricht. Zweitens, niemand scheint zu arbeiten (ausser die Bedienung im Restaurant). Alle sehen so vergnügt aus.. unmöglich sich vorzustellen, dass diese Leute von einer Arbeit kommen oder an die Arbeit gehen.
Und wem die Faszination Frankreich immer noch erklärt werden muss, dem empfehle ich folgende Impression, die ich am 31. Juli 2008 in Strasbourg aufgenommen habe:
Au-revoir! (das heisst auf Wiedersehen und das dürft ihr wörtlich verstehen)
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